Bolivien 

Landesdaten

21.12. bis 23.12 2003 Copacabana am Titicacasee
23.12 bis 27.12.2003
Feliz Navidad oder Weihnachten mal anders
27.12 bis 31.12.2003 Überfall im Amazonas
31.12. bis 04.01.2004 La Paz: Der Zaubermarkt und zu Gast im Knast
31.12. bis 04.01.2004 La Paz: Die Coca Bonbons und eine nicht alltägliche Fahrradtour
04.01. bis 07.01.2004 Salar de Uyuni, der größte Salzsee der Welt
Resümee Bolivien

31.12. bis 04.01.2004 La Paz: Der Zaubermarkt und zu Gast im Knast

Am Nachmittag des 31.12. landen wir in La Paz.
La Paz ist die größte und wichtigste Stadt Boliviens und zugleich der Regierungssitz (die Hauptstadt ist Sucre). Mit 4100 m an der höchsten Stelle, ist sie eine der höchstgelegenen Großstädte der Welt. Das erste was man in La Paz sieht, sind armselige Bretterhütten, die sich den Talkessel hinaufziehen, im Zentrum ragen einige Wolkenkratzer in den Himmel und hinter der Stadt sieht man die Gipfel des riesigen Illimani ( 6439 m).
Die Stadt wirkt auf uns nicht gerade einladend, doch sie bietet viel fremdes und kurioses.
Am Silvester Abend ziehen wir mit 8 Leuten los, doch die Straßen und Plätze sind wie leergefegt, kein Mensch ist unterwegs. Um 5 vor 12 finden wir eine kleine Kneipe und so stoßen wir auf das Neue Jahr an.

In einer kleinen Gasse in der Nähe unserer Unterkunft befindet sich der Zaubermarkt. Alte Frauen mit von Wind und Sonne gegerbten Gesichtern stehen an ihren kleinen Verkaufständen und verkaufen allerhand undefinierbares Zeug: Pulver, Figuren, getrocknete Tiere, Tinkturen, Glücksbringer und Pastillen. Sie erklären einem die verschiedenen Zaubermittelchen und mengen zwischendurch auf ihren kleinen Öfchen irgendwas zusammen.
An jedem Stand sehen wir Dutzende von getrockneten Lama Föten. Die werden beim Hausbau in die 4 Hauswände eingemauert. Das soll dem Hausbesitzer Glück bringen und Leid fern halten.

Das Gefängnis San Pedro an der Plaza Sucre ( mitten in der Stadt) gleicht weder einer deutschen Vollzugsanstalt noch hat es was mit einem Kerker zu tun. Es ist eine eigene Stadt in der Stadt die etwa einen Häuserblock groß ist. In dieser '' Stadt '' ist alles möglich, wenn man nur das nötige Geld dazu hat. Die Gefangenen kaufen nach ihrer Kaufkraft entsprechende Unterkünfte, sind Besitzer kleiner Geschäfte, Restaurants und Kneipen, oder sind '' Angestellte'' reicher Gefangener, leben aber dann auch nur von der ausgegebenen Wassersuppe und schlafen draußen auf dem Hof.
Wachposten sind nur am Eingang des Gefängnisses zu sehen. Die Gefangenen sind sich selber überlassen, nur bei der Verteilung der Geschäftsanteile, also des Geldes , ''kümmern'' sich die Wachposten um die Insassen.
Am Eingang herrscht ein ständiges Kommen und Gehen: Familienangehörige, Marktfrauen, alles passiert ohne langwierige Kontrollen.
Wir hören das es auch für Reisende möglich ist San Pedro zu besuchen. Also nichts wie hin, das wollen wir uns anschauen.
Am Eingang ( ein großer Torbogen mit Eisengitter), stehen einige Wachleute und mehrere gepanzerte Militärfahrzeuge. Am Eisengitter und dem dahinter liegenden Innenhof stehen Dutzende von Gefangenen (nur Männer), die uns laut zurufen und winken. Aus welchem Land wir kommen werden wir immer wieder gefragt, Alemania rufen wir zurück, es ist laut, ein wildes Rumgeschreie überall.
Wir fragen die Wachposten ob wir hinein dürfen, doch seit den letzten schweren Unruhen im Sommer ist es Ausländern verboten das Gelände zu betreten und so werden wir aufgefordert den Eingang zu verlassen. Doch es kommt Bewegung in die ganze Sache, einige Gefangene die uns nach unserer Nationalität gefragt haben rennen plötzlich los. Wir wissen nicht was los ist, doch nach wenigen Minuten sehen wir einen blonden, großen Mann am Eisentor stehen der uns auf deutsch etwas zuruft.
Ein deutscher Gefangener in San Pedro. 
Nachdem die Polizei ablehnt den Deutschen kurz zu uns zu lassen (zwischen Tor und uns sind es etwa 4 Meter, es ist zu laut um miteinander zu sprechen), bekommen wir die Erlaubnis in den  Gesprächsgang zu gehen. Wir passieren die Kontrollstelle und stehen dann in einem kleinen, dunklen Raum der aussieht wie eine Garage. Vor uns, in Augenhöhe ein engmaschiges Drahtgitter einige Leute schwirren um uns herum, es stinkt und es so düster, daß wir kaum was sehen. Es fließen ein paar Bolivianos Schmiergeld an irgendwelche Typen.
Doch dann steht er vor uns, mit Hamburger Dialekt begrüßt er uns, ein großer blonder Mann, 30 vielleicht 40 Jahre alt, wir können sein Alter nicht schätzen da er sehr krank aussieht. Während unseres Gespräches muss er sich immer wieder auf den Boden setzen. Er erzählt uns das er mit 2 kg Kokain erwischt wurde und zu 8 Jahren Haft verurteilt wurde. Vier Jahre hat er jetzt abgesessen und bald kann er tagsüber raus arbeiten gehen, 4 weitere Jahre auf Bewährung mit der Auflage, jeden Abend in den Knast zurückzukommen. Allein die Vorstellung hier auch nur 8 Tage verbringen zu müssen..... ein Alptraum. 
Er hat eine Zelle für sich alleine, sogar mit Fernsehen, erzählt er uns und er hat noch Glück gehabt, es soll noch weitaus schlimmere Gefängnisse in Bolivien geben. Nur sein Magen macht seit einem Jahr schlapp, die schlechten hygienischen Verhältnisse und das Essen hier haben ihn krank gemacht und die einzige Hilfe bietet ihm das Rote Kreuz, das regelmäßig nach den Gefangenen schaut. Er fragt uns, ob wir ihm was mitgebracht haben, er hätte gerne Tomaten. Wir geben ihm ein paar Cent, das er sie sich im Knast kaufen kann. Er bedankt sich, daß wir ihn besucht haben, wir verabschieden uns, passieren wieder die Kontrollstelle und fühlen uns ganz wohl diesen Ort wieder verlassen zu können.


La Paz

die Wachen vor dem Regierungsgebäude

getrocknete Lama Föten ...

...auf dem Zaubermarkt

Silvester 2004 neben dem Müll in einer kleinen Seitengasse

typischer Bus in La Paz

heimliches Foto vorm Tor des Gefängnisses

Die Glocke des Bistums Trier anlässlich des Schuldenerlasses 2000 vor der Kathedrale

eine Brautpaar auf dem Platz vor der Kathedrale